„In der Klimakrise muss neben dem Bürger auch die Politik handeln“

Offener Brief der Energiegenossenschaft Main-Kinzig eG an Parteivorsitzende und Abgeordnete

Verfolgt man in letzter Zeit die Pressemeldungen der Parteienlandschaft, so kommt es einem so vor, als hätte die weit überwiegende Zahl der Politiker den Ernst der Lage noch nicht richtig erkannt. Während die Coronakrise die Politik auf den Rat der Wissenschaftler hören lässt, werden dringend notwendige Maßnahmen zum Umbau unserer Energie- und Stoffsysteme verhindert. Vom Pariser 1,5 Grad-Ziel, das auch auf lokaler Ebene gilt, sind wir meilenweit entfernt. Bei der Kommunalwahl werden für fünf Jahre Entscheidungen getroffen. Auch hier Pro oder Kontra Klimaschutz. Dabei ist die Bevölkerung schon wesentlich weiter. Denn die Energiewende wird immer noch zu über zwei Drittel von Privatpersonen, Landwirten und kleinen Unternehmen, wie zum Beispiel Energiegenossenschaften, vorangetrieben. Da wundert es nicht, dass von anderer Seite Sand in dieses Getriebe gestreut wird. Schaut man sich den Verein „Vernunft“-Kraft an, der kürzlich einen offenen Brief unter anderem in der GNZ an die Politik adressiert hat, stellt man fest, dass „Vernunft“-Kraft als Lobby-Verein für fossile Großkraftwerke bestens bis hin zum Wirtschaftsministerium vernetzt ist. Hauptprotagonist des auch im Main-Kinzig-Kreis vertretenen Vereins ist Nikolai Ziegler, Referent im Bundeswirtschaftsministerium von Peter Altmaier und teilweise Vertreter der Abteilung „Energiepolitik – Strom und Netze“. Politisch unterstützt wird die „Vernunft“-Kraft von der AfD und Teilen der FDP. Bei ihren Behauptungen stützt sie sich auf Publikationen von Klimaleugnern. Wichtige Protagonisten sind auch ehemalige RWE-Manager, Cheflobbyisten der deutschen Aluminium Industrie und die kerntechnische Gesellschaft. Menschen, die aus ehrlicher Sorge um den Vogel- und Fledermausschutz skeptisch gegenüber Windkraftanlagen sind, sollten sich die Frage stellen, wer sie mit welcher Motivation vertritt, beziehungsweise wozu deren Sorgen missbraucht werden. So gilt es abzuwägen zwischen klimaneutraler Energie in Bürgerhand und den Interessen der Lobbyisten der fossilen Energiekonzerne.

Ein Windrad braucht nur circa einen Hektar Platz. Unser Strom aus dem Windpark in den 4 Fichten in der Gemarkung Gründau/Gelnhausen wurde zu 99,8 Prozent eingespeist, das heißt direkt verbraucht. Nur 0,2 Prozent der Strommenge ging durch Abschaltung verloren. Für eine grüne Produktion von Wasserstoff müssten Wind- und Solarenergie erheblich ausgebaut werden. Unsere Windräder erwirtschaften Gewinne und wir zahlen Gewerbesteuer in den Gemeindesäckel. Wird eine Energiegenossenschaft an einem Windpark beteiligt, können Bürger sich direkt an dem Ausbau der Erneuerbaren Energien beteiligen. Mit nur unserem Windrad in den 4 Fichten werden pro Jahr etwa 6 Millionen Kilowattstunden Strom produziert. Rechnerisch so viel, wie 2.000 Dreipersonenhaushalte verbrauchen. Darüber hinaus würde die heutige Generation von Windrädern am gleichen Standort wohl das Doppelte schaffen. Es ist die effektivste Form auf kleiner Fläche saubere Energie zu erzeugen.

Das größte Problem für den Artenschutz im von uns verursachten Klimawandel ist zu 90 Prozent durch den fossilen Energieverbrauch begründet. Es droht uns der 4. Dürre- und Hitzesommer in Folge, auch im MKK ist es bereits 2 Grad wärmer als im Schnitt der letzten 140 Jahre. Der Wald ist im Klimastress, wir erleben die größte Borkenkäfer-Plage und der Lebensraum Wald samt seiner Artenvielfalt ist gefährdet.
Und leider können Vögel auch durch Windkraftanlagen getötet werden. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) geht von insgesamt 100.000 pro Jahr aus. Allerdings werden durch Autos, Züge, Katzen und Glasscheiben ca. 200 Millionen Vögel jedes Jahr getötet. Abschaltalgorithmen sorgen heute schon für einen maximalen Schutz für Vögel und Fledermäuse, der zukünftig durch Echtzeit-Monitoringsysteme noch optimiert wird.

Eine Windkraftanlage hat eine Bauzeit von ca. 4 Monaten, abgebaut ist sie in ca. 4 Wochen. Bis auf die Flügel kann sie komplett wiederverwertet werden. An dem Problem mit den Flügeln wird gearbeitet, Lösungen sind in Sicht.

Lokalpolitiker können auch im Main-Kinzig-Kreis mit ihren Entscheidungen der Klimakrise konstruktiv und wirksam begegnen und den Erneuerbaren Energien mit Bürgerbeteiligung den Weg bereiten.

Stefan Heimrich, Jürgen Staab
Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal eG

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